Aber der Reihe nach. Bis vor ein paar Wochen war Cricket für mich dieses unverständliche Spiel, in dem weiß gekleidete Menschen einen Ball werfen und versuchen Hozstangen umzuschiessen, die von einem anderen weiß gekleideten Menschen mit einem Holzschläger bewacht werden, und dies Tage lang. Nichts was man sich wirklich anschauen müßte. Wer hat schon soviel Zeit?
Beim Zappen durch das thailändischen Fernsehabendprogramm hatte ich dann meinen ersten kurzen Kontakt mit diesem Sport und was habe ich gesehen: Weiß gekleidete Männer, die ... na ja hatten wir ja schon.
Aber irgendwie war mein Interesse doch geweckt, es muss doch irgendwen geben, der einem die Regel erklären kann. Gibt es auch, das Internet. Auf Wikipedia findet man eine sehr hilfreiche Beschreibung des Spiels und die Erklärung der Basisbegriff, eine weitere interessante Seite habe ich hier gefunden. Eine kurze Zusammenfassung der Grundregeln will ich aber auch in diesem Eintrag geben. Ich werde nicht alles erklären (zum einen, weil ich es nicht kann, zum anderen weil es zu viel Platz in Anspruch nehmen würde)
Grundbegriffe und Spielablauf
- Die Holzstäbe heißen Wicket (das war für mich bisher nur der kleine Ewok aus Rückkehr der Jedi Ritter)
Das Wicket, die braune Fläche ist der "Pitch"
- Die Spielfläche zwischen den Wickets ist der Pitch
- Punkte heißen Runs
- Gespielt werden Innings (wie im Baseball)
- Der Ball wird nicht geworfen, sondern "gebowlt" und entsprechend heißt der Werfer Bowler
- Der Schläger ist der Batsman (Ich bin der Batmän, nein ich bin der Batmän...) oder auch Batter
Batsman in action
- Unterteilt ist das Spiel in "Overs" und pro Over müssen 6 gültige Bälle gebowlt werden. Nach jedem Over wird die Seite, von der gebowlt wird, gewechselt.
- Trifft ein Batter den Ball, so kann er zwischen den Wickets hin und her rennen, um Runs zu erzielen. Schafft er es nicht am Wicket zu sein, bevor es zerstört wird, so ist er "Aus" und wird durch einen neuen Batter ersetzt
- Pro Run gibt es einen Punkt, schlägt er den Ball über die Spielfeldbegrenzung, ohne dass dieser den Boden berührt, so gibt es 6 Runs. Berührt der Ball vorher den Boden, dann gibt es 4 Runs. Man spricht in beiden Fällen von "Boundaries"
Das Seil kennzeichnet in diesem Fall die "Boundary"
- Wird ein Ball gefangen, bevor er den Boden berührt, so ist der Batter aus (genau wie beim Baseball)
- Ziel der Bowler ist es, 10 Batter auszumachen, sprich 10 Wickets zu erzielen. Dazu gibt es verschiedenste Möglichkeiten. Der oben erwähnten Runout, das direkte Fangen des Balles aus der Luft und das Zerstören des Wickets durch den Bowler sind wohl die Häufigsten. Hinzukommt, dass der Schiedsrichter einen Batterr aus geben kann, falls dieser den Ball mit dem Körper statt mit dem Schläger blockt, wenn der Schiedsrichter der Meinung ist, dass dieser Ball ohne den Block das Wicket zerstört hätte. Dies ist eine Tatsachenentscheidung und wie alle Tatsachenentscheidung führt sie häufig zu hitzigen Diskussionen bei den Fans. Kennen wir ja alle vom Fussball (Abseits oder nicht? Elfmeter!). Wobei die Spieler selbst nicht mit dem Schiedsricher diskuttieren, gutes Benehmen ist beim Cricket Pflicht. Sollte man im Fussball auch einführen!
- Ziel der Batter ist es ihr Wicket zu beschützen und dabei möglichst viele Runs zu erzielen
- One-day Matches, die auf 50 Overs pro Mannschaft beschränkt sind (also 300 gültige Bälle)
- Twenty20 Matches, die auf 20 Overs pro Mannschaft beschränkt sind (120 Bälle)
- First Class Cricket Matches die zumeist als Test Series gespielt werden und auf 5 Tage angelegt sind. Jede Mannschaft spielt 2 Innings, die meistens nicht durch eine bestimmte Overzahl beschränkt sind, sondern einem Zeitlimit unterliegen (früher wurde auch ohne Zeitlimit gespielt und ein Inning war erst zu ende, wenn 10 Batter "ausgemacht" wurden. Dies konnte zu entsprechend langen Matches führen. So dauerte eine Partie zwischen Südafrika und England 12 Tage, wobei "nur" an 9 Tagen gespielt wurde. Die Partie wurde dann abgebrochen und als unentschieden gewertet, da die Engländer ansonsten ihr Schiff verpasst hätten.
In Neuseeland, genauer gesagt in Wellington hatten wir dann die Gelegenheit uns den ersten Tag eines 5 Tages Test Matches zwischen Neuseeland und Australien Live anzuschauen und wollten dem Spiel noch eine Chance geben. Neuseeland gegen Australien ist ungefähr so wie Österreich gegen Deutschland im Fußball, da ist schon ein Schuss Rivalität mit drin.
Bei bestem Wetter machten wir uns auf ins Stadion und der Besuch hat sich gelohnt. Nicht weil das Spiel so spannend war, nein das war wieder eher langatmig, aber das Drumherum war sehr interessant. Für Carina gab es dabei ein besonderes Highlight, über das Sie in einem separatem Blogeintrag berichten wird.
Hier ein paar Impressionen vom Spiel:
In der Lunch und Tea Break dürfen die Zuschauer das Spielfeld betreten. Das Stelle man sich mal bei einem Fussballländerspiel vor
Nur der Pitch ist abgesperrt, darf aber ehrfürchtig berührt werden
Pitchpflege in der Pause
Die Blackcaps kommen aus der Pause zurück
Die Schiedsrichter sind schon da
Einen eigenen Stuhl mitbringen kann nicht schaden
Wir hatten zwar keine eigenen Stühle aber immerhin den eigene Tee dabei. Das indische Curry hat übrigens besser geschmeckt, als es aussah
Manch einer kam auch verkleidet, warum auch immer
Der Picknickhügel
Gespielt wurde auch. Zwischenstand nach 30 Overs und 3 Bowls. Australien 93 Runs und 1 Wicket verloren
Wie gesagt, das Spiel war eher Nebensache. Australien hat am Ende (nach 5 Tagen) ziemlich hoch gewonnen, wie ich aus der Zeitung erfahren habe.
Aber zurück zu unserer ursprünglichen Frage " Ist Cricket langweilig?". Was Test Cricket betrifft würde ich die Frage immer noch mit Ja beantworten. Für diese Form des Crickets muss man schon echter Fan sein. Hier geht es einem wie mir manchmal im Fußball, wenn mir der Kommentator des Spiels mal wieder versichert, dass es zwar nicht unbedingt schön für den Zuschauer ist, aber der Fachmann die strategische Meisterleistung auf technisch höchstem Niveau kredenzt bekommt. Klingt zwar toll, aber das Spiel finde ich dann trotzdem langweilig. Ich traf einen Australier, der mir stundenlang vorschwärmen konnte, wie technisch ausgefeilt ein Test Match sein kann und welche taktischen Planungen und Strategien zu beachten sind. Wen es interessiert, der kann hier nachlesen (Cricket Tactics). Echte Cricket Spiele sind für ihn übrigens nur Begegnungen zwischen England und Australien, dann nimmt er sich extra eine Woche Urlaub, um keinen Bowl zu verpassen.
Ein Bowl und ein Bat als Fotoserie
Aber jetzt schreibe ich den Satz, der jeden Cricket Traditionalisten erschaudern lässt. Es gibt interessantes Cricket und zwar das Twenty20 Cricket, den hier wird weniger taktiert, sondern man ist auf Runs aus und dementsprechend wird auf den Ball geschlagen, was der Schläger hergibt. Man hat nur 20 Overs Zeit, um Punkte zu sammeln, und daher wird auf Wicketverluste weniger Rücksicht genommen. Diese Spiele dauern knapp 3,5 Stunden und sind somit auch zum zuschauen wesentlich attraktiver. Wie gesagt für den echten Old School Cricket Liebhaber ist diese Form des Spiels kein echtes Cricket, aber ich finde es Klasse. Liegt vielleicht auch an der Show Drumherum, Cheerleader, Musik, Party. Momentan läuft gerade das ICC World Twenty20 Turnier (sozusagen die Weltmeisterschaft im Twenty20) auf den West Indies. Das Halbfinale zwischen Pakistan und Australien war ein Kracher. Pakistan hatte 191 Punkte vorgelegt (der zweithöchste Score im bisherigem Turnier) und Australien war schon so gut wie erledigt. Es fehlten ihnen vor den letzten beiden Overs (also noch 12 Bälle) über 30 Runs. Doch dann drehte Batter Michael Hussey auf, spielte das Inning seines Lebens (60 Runs bei nur 24 Bowls) und schlug allein im letzten Over 4 Boundaries (3 Sechser und einen Vierer), so dass Australien noch 197 Runs erzielte und das Spiel mit dem vorletztem Bowl gewann. Es war ein Spiel, das laut Aussage der Beteiligten in die Geschichte eingehen wird.Heute Nacht steigt das Finale in Barbados zwischen England und Australien und ich bin mir sicher da schaut auch mein Australischer Freund mal ausnahmsweise Twenty20 Cricket ;-). Für mich wird es ebenfalls eine lange Nacht.
Nachtrag: Wenn man sich die Namen Twenty20 und Test Match Cricket nicht merken kann, dann reicht es auch auf Buntes (Twenty20) und Weißes (Test Match) Cricket zu verweisen. Bezieht sich auf die Kleidung, die die Spieler tragen, und der Cricket Fan weiß, was gemeint ist.
Anekdote zum Schluss:
Was für uns Deutsche das Wembley Tor ist, ist für die Neuseeländer der "1981_underarm_bowling_incident (mit Video) ". Hier musste ein Spiel zwischen Neuseeland und Australien mit dem letzten Bowl entschieden werden. Neuseeland benötigte 6 Runs, um das Spiel auszugleichen. Der Australische Bowler Trevor Chapell rollte den Ball, statt ihn zu werfen, was es für den neuseeländischen Batter Brian McKechnie unmöglich machte, den Sechser Boundary zu schlagen. Der Unterarm Bowl war zwar regelkonform, wurde aber als grobe Unsportlichkeit aufgefasst (selbst das australische Publikum und die Kommentatoren waren entsetzt). Als Resultat wurde das Unterarm Bowling in Limited Over Matches abgeschafft. Aber für Diskussionen sorgt der Vorfall noch heute, wie wir auf einem Campingplatz bei Albany miterleben durften. Wembley Tor halt.
















































